Zu Besuch im Land der Tausend Farben


Huang Shan, Treppensteigen für Fortgeschrittene (Bilder folgen später)
12. November 2009, 10:34
Filed under: Sightseeing und Reisen

Ja ja, zwei Wochen ist es jetzt schon her, dass wir wieder vom Huang Shan runtergeklettert sind, und erst jetzt kommt ein neuer Blogeintrag. Nein, das liegt nicht daran, dass ich vom Berg gefallen bin (Obwohl es beinah soweit gewesen wäre… Aber dazu später.), sondern an der alten Krankheit namens „Dinge-vor-sich-herschieben“, von der mich auch China nicht kurieren wird. ^^ Nach langer Verspätung hier also fürs Protokoll doch noch die Eck- und Höhepunkte des Ausflugs.

Freitagmorgen, 6 Uhr. Vom Wecker unsanft aus dem Bett gezerrt, versammeln sich gegen 7 Uhr 16 Laowai (14 Studenten der Nanjing Normal University + O. & ich von der Nanjing University), um sich auf eine fünfstündige Busfahrt zu begeben, während der sie sich verzweifelt ans Leben klammern werden. – Jetzt mal im Ernst: In Anhui wurde es logischerweise schon sehr bergig und die normalen Straßen wurden zu Serpentinen. Geschwindigkeitsbegrenzung für Busse war laut Ausschilderung 80km. Ähm, ja. Er ist 80 gefahren… in den Kurven. Das heißt, wir haben regelmäßig dem Tod ins Auge gesehen. Mal aus dem linken, mal aus dem rechten Fenster.

Egal, die Schutzengel haben ihre Aufgabe bravourös gemeistert und das Hotel in der Stadt am Fuß des Bergs war auch gar nicht übel. Gemütlichere Betten als hier zu Hause, weitestgehend sauber und da wir nicht duschen wollten, war es auch nicht weiter schlimm, dass es heißes Wasser nur von 19 bis 21 Uhr gab.

Nächster Halt: Mittagessen! Das bestand aus einem Menü aus dem, was man als chinesische Hausmannskost bezeichnen könnte. Tomaten-Rührei-Gemisch, Fisch, Gemüsestreifen, Tofustreifen, Hühnchengeschnetzeltes mit Erdnüssen,… Alles lecker, aber nichts davon könnte ich eigenständig im Restaurant bestellen.

Bergbesteigung war erst für Samstag vorgesehen, also wurde unter Vorlage eines Prospekts kurzerhand abgestimmt, dass es heute für 80元 pro Person zu den „Neun-Drachen-Wasserfällen“ gehen sollte, einem bewaldeten Gebiet mit (Wer hätte es gedacht?) insgesamt neun Wasserfällen.

Kommen wir endlich zum Hauptanlass der Reise: Samstag, Tag der großen Bergbesteigung.
Zu Beginn sollte ich aber klarstellen, was man sich in China unter Wandern vorstellen darf: Treppensteigen! Ich wünschte, ich würde lügen, wenn ich sage, dass jeder einzelne Weg von A nach B dort ausschließlich aus Treppen besteht. Aus-nahms-los.

Die ersten drei Kilometer des Wegs haben O. und ich uns abnehmen lassen, indem wir mit der Seilbahn gefahren sind. (Wir KENNEN unsere körperlichen Limits.) Nichtsdestotrotz kamen wir nahezu gleichzeitig mit den anderen an der Station an, denn die Benutzung der Seilbahn beinhaltete ein mehr als zweistündiges Anstehen. Zwei Stunden in einer drei Meter breiten Schlange umringt von Chinesen? Klar, nichts lieber als das! Nur klebt ihnen die Augen zu und nehmt ihnen die Kameras weg, denn so viele Fotos wollten bisher noch nie Leute mit uns machen.

Das „Oh, Ausländer! Setzen wir uns doch hinter sie, stecken unseren Kopf zwischen ihre beiden und lassen ein Foto von uns machen!“ setzte sich auch am anderen Ende der Seilbahnstation fort, während wir auf die Ankunft der anderen warteten. Ich weiß, es klingt alles ziemlich verbittert, aber ich konnte den Ausblick nicht wirklich genießen, weil ständig Touris um uns herumstanden und sich mit uns fotographieren ließen als seien wir Tiere im Zoo.

Egal, kommen wir zum schöneren Teil der Reise! Ach nein, Moment, da liegen ja immer noch fast 10 Kilometer vor uns, jeder einzelne Meter davon gepflastert mit soliden Treppenstufen. Hoch, runter, hoch, runter, ausruhen, hoch.
Was das konstante Nicht-mehr-können wieder wettgemacht hat, war die an jeder Ecke wirklich atemberaubende Aussicht. An dieser Stelle würden sich Fotos gut machen. Ich werde sie später noch hochladen, versprochen! Bisher sei nur gesagt: Das Wetter war fantastisch, strahlend blauer Himmel, grüne Bäume und gelbe Felsen, die manchmal so glatt und perfekt aussahen, dass man sie für Papprequisiten aus alten Fantasyfilmen halten könnte!

Schweiß, Tränen und Flüche hatten wir überstanden, langsam wurde es 17 Uhr. Die Sonne fing an unterzugehen und es wurde… kalt. Sofort. Nach einem reichlichen Abendessen in einem der Hotels auf dem Berg stapften wir noch einen Kilometer durch die Dunkelheit, bis wir an unserem Hostel ankamen.

Das verdient definitiv noch einen eigenen Absatz… Denn dort erklärte sich, wie sich viele Chinesen die Übernachtung leisten können: Indem es eine einzige riesige Hotelhalle gibt, in der Betten, Zelte und Matratzen dicht an dich geparkt sind. Die Jungs durften auf selbigen Matratzen inmitten von Chinesen übernachten, wir Mädels hatten glücklicherweise ein Zimmer mit überraschend bequemen Betten der Marke „Armeeliege“. Es war eng, es war kalt, aber wir waren müde und hatten im Hotel am Morgen Handschuhe gekauft. Also alles halb so schlimm.

Wie zwei Toiletten für all die Damen ausreichen konnten, ist mir ein Rätsel, aber es hat funktioniert. Bei einigen „Damen“ leider offensichtlich zu gut, denn als ich des nachts dort war… *hust* Ich will es eigentlich nicht näher beschreiben. Es war widerlich. Und dabei belasse ich es einfach, weil ich den Anblick aus meinem Gedächtnis löschen will.

Zum Abstieg fällt mir auch nur wieder ein: Treppen! Wer immer schon mal einen Berg runtergestiegen ist, dem muss ich nicht sagen, wie stark es die Gelenke beansprucht. Und wer noch keinen Berg runtergestiegen ist, dem würde mein Klagen jetzt auch nichts nützen. ^^* Sagen wir, ich hatte mehrfach das Gefühl, meine Beine könnten mich nicht mehr tragen und würden einfach wegbrechen – sind sie aber nicht und alle sind heil unten angekommen.

Nach 20 Kilometern Wa- Treppensteigen folgten zwei Wochen… Nichts. Keine Ereignisse, kein Blogeintrag, kein gar nichts.

Pünktlich nach den Mid-Terms (Prüfung nach der Hälfte des Semesters) hat dann letzten Freitag auch der Herbst in Nanjing Einzug gehalten. Verfärbte Blätter konnte ich leider noch nicht bewundern, dafür aber grauen Himmel, Regenschauer und typisches Schmuddelwetter. Mein violettes Regencape kam auch schon zum Einsatz. Und damit verabschiede ich mich vorerst und entschuldige mich noch mal für die rekordverdächtige Verspätung.


1 Kommentar so far
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Herrlich :D

Kommentar von Frieda




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