Zu Besuch im Land der Tausend Farben


(Un)Weihnachtliches Sightseeing
27. Dezember 2009, 06:55
Filed under: China-Impressionen, Sightseeing und Reisen

In der Hoffnung, dass ihr alle ein frohes Weihnachtsfest hattet, auch ohne dass ich am 24. einen zweizeiligen Blogeintrag dafür verfasst habe, in dem ich euch selbiges wünsche, folgt heute ein etwas Foto-lastigerer Bericht.

Warum? Weil hier zwar an der Tür jedes zweiten chinesischen Restaurants Weihnachtsdekoration und die Aufschrift „Merry Christmas“ hängt, die die Besitzer wahrscheinlich selbst nur gerade so lesen können, aber Weihnachten hier eben doch nur ein „cooles“, westliches Fest ist, bei dem man wahllos glitzernde Sachen an grüne Bäume klatscht, sich eine rote Bommelmütze aufsetzt und sonst seinem normalen Alltag nachgeht.

Entsprechend liegt’s in unserer eigenen Verantwortung, die „Feiertage“ nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Die Lehrerinnen an der NanDa waren da sehr entgegenkommend, indem eine von ihnen selbst gefragt hat, ob wir am 24. und 25. den Unterricht ausfallen lassen wollen. Als ob sie da zweimal fragen müsste. ^^ Somit hab ich mich am Donnerstag mit einer externen Festplatte (320 GB, fast viermal mehr als mein Laptop) selbst beschenkt und den Tag atmosphärisch so verbracht, wie ich es auch zu Hause gemacht hätte: Ruhig und entspannt.

Nun aber zu den eingangs erwähnten Fotos. Anstatt das gesamte verlängerte Wochenende in der Wohnung dahin zu vegetieren, hab ich mich mit Chr., einer weiteren Zwickauer Mitstudentin, am Freitag auf den Weg zu einer der millionen Sehenswürdigkeiten gemacht, die in Nanjing noch nicht besichtigt wurden. Rein ins Taxi, wieder raus an der Gedenkstätte für die Opfer des Nanjing-Massakers 1937/38. (Ja, wie gesagt, sehr weihnachtlich.)

Geschichtsstunde für die Unwissenden: Während des Zweiten Chinesisch-Japanischen Kriegs 1937-45 fielen die Japaner zuerst in Shanghai, schließlich auch in der damaligen Hauptstadt Nanjing ein und veranstalteten dort das, was heute als „Nanjing-Massaker“ oder „Vergewaltigung Nanjings“ bekannt ist. Beide Begriffe dürfen dabei absolut wörtlich genommen werden. Den 300.000 Opfern ist diese Gedenkstelle gewidmet.

Nach dem Eingangsbereich im ersten Foto geht man durch eine Reihe mehrerer Bereiche, deren Namen mitunter schon für sich sprechen. Steintafeln mit den Namen aller Opfer, der „Ausstellungsraum der Skelette“, das „Massengrab der 10.000 Leichen“, ein Platz zur Ehrerbietung, eine Meditationshalle, und schließlich der fast schon erlösend wirkende hintere Bereich mit Grünflächen, der Siegesmauer, den „Friedlichen Bäumen“ und einer Friedensstatue.

In jedem der Bereiche wurde die gewünschte Atmosphäre vermittelt, ohne dabei aufdringlich zu sein, und auch künstlerisch und stilistisch haben die Architekten gute Arbeit geleistet. Okay, im Vergleich zu unserem Holocaust-Mahnmal in Berlin wirkt wahrscheinlich auch ein Misthaufen wahnsinnig interessant und aussagekräftig, aber ich meine es ernst: Das Thema ist kein schönes, aber die Gedenkstätte ist wirklich sehenswert, ebenso wie das zugehörige Museum.

Nach diesem geschichtslastigen Ausflug bin ich am Samstagvormittag zum Park am Mochou-See (莫愁湖公园) gefahren, der mangels Wärme und beblätterten Bäumen zwar etwas karg wirkte, aber trotzdem gewissermaßen Pflichtprogramm in Nanjing ist.

Der See ist bekannt nach einem Mädchen namens Mochou, die ihren in den Krieg gezogenen Ehemann so sehr vermisste, dass sie sich in einen See verwandelt hat, um mit dem Fluss zu ihm fließen zu können. Ich bin ja unromantisch und sage, sie hat sich ertränkt, aber hey, sie haben ihr zu Ehren eine hübsche Statue gebaut.

Direkt im Anschluss durfte mich ein Taxi zum Jiming-Tempel (鸡鸣寺) bringen, einem der wenigen noch aktiven buddhistischen Tempel der Stadt.

Gerade aus diesem Grund hatte ich auch Skrupel, innerhalb der verschiedenen Tempelgebäude zu fotographieren, da vor fast jeder Statue gerade jemand kniete und betete. Die meisten Besucher, ein Großteil davon übrigens Jugendliche, waren auch nur für eine bestimmte Gottheit da, abhängig von ihren jeweiligen Wünschen.

Für die abgebildete Pagode wurde gesonderter Eintritt verlangt, der mir mit 5元 aber auch nicht die Taschen gelehrt hat. Nach Erklimmen der sechs Stockwerke hatte ich als Ungläubige zwar spirituell nichts erreicht, konnte aber eine schöne Skyline und den Blick über den Xuanwu-See (玄武湖) genießen, den größten See Nanjings.

Auch für heute hätten Ausflugsziele bereitgestanden, allerdings musste ich heute Morgen im Bett das Fehlen jeglicher Motivation das Haus zu verlassen feststellen. Und Sightseeing um des Sightseeings Willen ist jetzt auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss.

Falls sich übrigens jemand wundert, warum ich die Taxifahrten betont habe, ist der Grund einfach: Nur um hier mal nebenbei zu erwähnen, dass eine Fahrt umgerechnet nicht mal 2 Euro gekostet hat. ^^


1 Kommentar so far
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Das sind aber viele tolle Bilder :o)
*auch sightsee’n will*

Kommentar von Christin




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