Zu Besuch im Land der Tausend Farben


Das einzige Fotomotiv, das indischer ist als eine Kuh
4. April 2013, 16:21
Filed under: Sightseeing und Reisen

Wenn ich schon mal fünf Uhr morgens für eine Sehenswürdigkeit aufstehe, dann erwarte ich einen der atemberaubendsten Anblicke diesseits der Milchstraße. Ich wurde nicht enttäuscht: Ja, das Taj Mahal ist tatsächlich so schön wie auf Bildern.

Zwar habe ich bisher weder Eiffelturm, noch Freiheitsstatue, noch Sidneyer Opernhaus gesehen, kann aber nach dem Taj-Mahal-Besuch behaupten, wenigstens eines der fraglos berühmtesten Gebäude dieses Erdballs gesehen zu haben. (Man bemerke, wie ich die Große Mauer spontan mal nicht als Gebäude definiere.)

Erklärlicherweise fühlt es sich auch grenzenlos hirnrissig an, jetzt Fotos eines Monuments einzufügen, von dem jeder ohne große Gehirnanspannung weiß, wie es aussieht. Wie auch immer – Beweisfoto, dass das Taj Mahal am 03. April 2013 bei Sonnenaufgang noch stand:

Und noch das obligatorische Durch-den-Torbogen-Bild…

Die vierstünde Zugfahrt von Delhi nach Agra war für diesen Anblick jeden Kilometer wert. Nicht einmal das moskitoinfizierte, von hyperaktiven Indern besuchte und mich durch ohrenbetäubende Ventilatoren vom Schlaf abhaltende Hostel konnte mich davon abbringen, mich fassunglos davon zu überzeugen, dass das berühmteste Grabmal der Welt life in der Tat so glänzt wie auf Bild und Video. Und das ohne Photoshop.

Nur zwei Kilometer entfernt liegt das Agra Fort, die Festung, von der aus vier Mogulherrscher ihr Reich verwaltet haben, und in dem der Erbauer des Taj Mahal in seinen letzten Lebensjahren gefangen war.

Zeitgleich romantisch und sadistisch, dass er von jedem Fenster seines Luxus-Gefängnisses das Grabmal seiner Liebsten (dritten Frau) sehen konnte, in das er den halben Staatshaushalt investiert hatte.

Weniger beeindruckend war dann die zweite Tageshälfte in Agra, die ich im Wesentlichen mit der Entscheidung über meinen weiteren Reiseverlauf verbrachte. Zwischenzeitlich brachten sich auch noch ein Reisebüro und ein Rikshafahrer in die Entscheidungsfindung mit ein. Mit der traurigen Erkenntnis, dass auch Nummer 7 auf der Warteliste ein unwahrscheinlicher Platz ist, noch ein Bett im Zug von Agra nach Varanasi zu bekommen, fand ich mich letztendlich ab.

Blieb also nur noch: Umdisponieren! Busticket für die Rückfahrt nach Delhi gekauft, und viel zu viel Geld für ein Flugticket von Delhi nach Kolkata über den Tresen wandern lassen. (Welches ich aber nicht nutzen werde, ohne vorher wenigstens noch Sightseeing in Delhi betrieben zu haben.) Da Kolkata ohnehin der letzte Reisestopp gewesen wäre, ist es nur die älteste Stadt Indiens (Varanasi), die wohl noch etwas auf mich warten muss. (Wenn/Falls ich noch einmal durch dieses Land reise.)

Übrig blieb noch eine Stunde zwischen „Schei* auf die Warteliste, ich fahr zurück nach Delhi“ und „Bitte lass den gebuchten Bus auch wirklich nach Delhi fahren“. Das geplante Ziel war in weniger als 15 Minuten abzulaufen: Ein kleines Mausoleum, das im Allgemeinen „Baby-Taj“ genannt wird. Ich frag mich, wieso…

Was dann übrigens schon die zweite Taj-Mahal-Kopie wäre, die ich in Indien gesehen habe.

Die Chinesen hätten’s wahrscheinlich authentischer kopiert. (Dass das Ding dann wahrscheinlich schon eingestürzt wäre, ist nur marginal relevant.)

Je mehr Gedanken ich an die Busfahrt gen Norden verschwende, umso näher rücke ich meinen Kopfschmerzen. 35°C sind keine Temperatur, bei der man mit einer anderthalben Stunde Verspätung aus einer luftverschmutzten Großstadt flüchten möchte. Kurioserweise auf dem Weg in eine der versmogtesten Städte der Welt.

Dem indischen Pantheon sei Dank, wartete in Delhi wieder die Couch drei (nicht zwei, wie im letzten Eindruck falscherweise behauptet) lieber Mitstipiendiatinnen auf mich.

Und das alles an einem Tag.


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